“Lach doch mal” ist eine Aufforderung an mich, die ich wirklich oft von anderen, meistens völlig fremden Menschen zu hören bekomme und auf die ich inzwischen — oder wahrscheinlich schon immer — allergisch reagiere. Denn dass ich tatsächlich eigentlich gute Laune habe ist für andere Menschen oftmals nicht zu erkennen. Und das ist ein Problem.
Das Bitchy Resting Face — so langsam in jedem Wortschatz vorhanden, möchte man meinen. Ein doch mittlerweile sehr abgedroschenes Thema, so scheint es. Ja, wir wissen es langsam. Du hast ein Bitchy Resting face, du auch. Und du auch. Und ich ebenfalls! Leider… Nach meinen bisherigen Erfahrungen immer noch ein brandaktuelles Thema, werde ich doch wieder und wieder von Menschen in meinem Umfeld darauf hingewiesen, dass ich eine negative Ausstrahlung habe. Natürlich sagt man mir das nicht so. Da kommt dann meist ein “Lach doch mal!”, mit forderndem, aber dennoch motivierenden Unterton. Oder ein “Du hast nicht so richtig Spaß, oder?”, denn man wirkt auf alle anderen müde, traurig oder gelangweilt, obwohl man es gar nicht ist. Es gibt Menschen, die in entspanntem Zustand einen positiven Gesichtsausdruck haben, obwohl sie genauso viel dafür tun wie Menschen mit negativem Gesichtsausdruck — nämlich rein gar nichts. Doch trotzdem wirken sie auf andere eben positiv. Im Gegensatz zu mir.
Als ich vor ein paar Jahren das erste Mal vom Bitchy Resting Face hörte, war ich dankbar dafür, dass es dafür endlich einen Namen gab. Endlich würde man mich verstehen und nicht sofort automatisch denken ich sei komisch oder hätte keinen Spaß. Doch erst vor wenigen Wochen wurde ich erneut eines besseren belehrt. Abends im Club, beim Tanzen mit einer Freundin. Ich hatte wirklich richtig viel Spaß. Bis zu dem Zeitpunkt, als jemand zu mir kam und mich mit den Worten “Mensch, lach doch mal” begrüßte. Und genau das hat mir dann meine Laune verdorben, mich sogar richtig wütend gemacht. Für mich war das so etwas wie ein Eingriff in meine Privatsphäre, sollte ich doch bitte alleine entscheiden dürfen, ob ich lache oder eben nicht. Diese Aufforderung sollte als “Icebreaker”, als Gesprächseinstieg dienen, wie sich im weiteren Verlauf des Gepräches herausstellte. Der Schuss ging nach hinten los, wie man so schön sagt.
Weil ich wirklich so oft höre, dass mein Gesichtsausdruck unfreundlich auf andere wirkt, bin ich permanent darauf bedacht, freundlicher zu schauen, weil ich leider nicht damit gesegnet bin, es automatisch zu tun. Das endet dann aber meistens so verkrampft , dass andere mich wiederum für arrogant und unnahbar halten und es mir Missmut bereitet, weil ich so sehr darauf achten muss. Ein Teufelskreis!
Ich hatte meinen Freund gerade frisch kennengelernt, als eine Party in seiner WG anstand. Ich war dort also “die Neue”, als ich bereits von ihm und später auch von seinem Mitbewohner zu hören bekam, dass eine gemeinsame Freundin sich fragte, was er denn mit einer “solch arroganten Kuh” wie mir wolle. Ich war geschockt, hatte ich bisher kaum ein Wort mit dieser Person gewechselt und mir bislang noch kein Urteil bilden können. Ich kategorisiere Menschen für gewöhnlich immer erst dann in “sympathisch” oder “unsympathisch”, wenn ich sie etwas näher kennengelernt habe. Damals ging mir das sehr nah, weil ich von mir ja weiß, dass ich ein netter Mensch bin und mir mein Gesicht mal wieder so “entwichen” sein muss, dass ich für andere wie eine “arrogante Kuh” aussah.
Ein Freund von mir kann mit meinem “Gesicht” bzw. meinen Gesichtsausdrücken überhaupt nicht umgehen. Meistens ist er total verwirrt, wenn wir uns unterhalten und er meinen Gesichtsaudruck mal wieder nicht deuten kann. “Ist alles okay? Bist du sauer?” Nein, bin ich eigentlich nicht, alles super. Weil ich diese Frage von ihm schon kenne, antworte ich natürlich meistens schon etwas genervt. “Na irgendwas ist doch, ich sehe das doch!” Meine Standardantwort mitlerweile: “Ist mein Gesicht, weißte doch!” Darauf folgt meist ein wissendes Nicken.
Ich bin ein Mensch, der sehr glücklich und zufrieden durchs Leben geht, das nach außen hin aber nicht zeigt. Unbewusst. Ich denke einfach nicht darüber nach und bin ganz entspannt. Wenn ich eine tolle Nachricht erhalten habe und “happy” darüber bin, können das meine Mitmenschen nicht sehen. Oder wenn mir jemand eine Freude macht, dann bedanke ich mich zwar , lächle und freue mich auch, allerdings für andere wohl zu wenig, dabei explodiere ich innerlich fast vor Freude und könnte Bäume ausreißen. Und das kann andere verunsichern, denn sie können nicht deuten, was in Menschen wie mir vorgeht, sie benötigen einen passenden Gesichtsausdruck als Hilfe. Ich bin mir der Tatsache bewusst, dass ich Menschen häufig ungewollt vor den Kopf stoße, obwohl das gar nicht meine Intention ist. Im Gegenteil! Aus diesem Grund bringe ich die “Sache mit meinem Gesicht” häufig schon ganz am Anfang ein, wenn ich eine Person neu kennenlerne, um zu signalisieren, dass ich mich in ihrer Gegenwart eigentlich wohlfühle. Gleichermaßen würde ich mir von anderen Menschen wünschen, erst zu urteilen, wenn sie jemanden richtig kennengelernt haben, so wie ich das tue. Gebt jedem eine Chance, auch wenn die Signale abweisend zu sein scheinen, denn ihr könntet Menschen kennenlernen, die euer Leben bereichern!
Wart ihr auch schon mal in einer ähnlichen Situation?
Hi,
das kenne ich nur allzu gut!! Ich bin ein introvertierter und stiller Mensch, sodass ich auch häufig nie viel rede und im geselligen Kreis nie laut bin. UND DANN kommt noch mein unfreundlich/traurig und was auch sonst immer wirkendes Gesicht dazu :D. Das mit dem “Lach doch mal! / Geht’s dir gut? Was ist denn los?” von Fremden oder wem auch immer zu hören, wenn man eigentlich gut drauf ist, ist einfach nur nervig. Mittlerweile versuche ich immer bewusst, wenn ich auf die Arbeit gehe, sofort die Leute sehr freundlich und mit Mundwinkeln bis zu den Augenbrauen (..) zu begrüßen und als erste zu fragen, wie es Ihnen geht etc… Klappt gut (…).
Trotzdem begleitet mich das Bitchy resting face durch das Leben. Mein Freund, nach sechs Jahren Beziehung, denkt sich manchmal immernoch, warum ich so ein Gesicht “ziehe”..
Liebe Grüße!
Oh genau so ist es bei mir auch. Dabei bin ich ein echt kommunikativer und glücklicher Mensch. Aber meine Ausstrahlung ist wohl eine andere. Ich komme mir auch einfach immer total bescheuert vor, wenn ich probiere “natürlich” zu lächeln 😉
Kann man wohl nicht ändern. Das nächste Mal, wenn mich jemand darauf anspricht, dann sende ich der Person einfach den Link zu diesem Blog-Eintrag 😀
Oh Gott, du sprichst mir aus der Seele!! Also mir geht es genau so und immer wenn mir dieses “lach doch mal” gesagt wird endet dies meistens nur damit, dass ich genervt bin und alle genau das Gegenteil erreichen, nämlich dass ich nicht lache! So schlimm und nervig 😖 Aber immerhin gibt es da nicht nur meine Familie, bei der das üblich ist.
Das heißt doch ‘Resting Bitchface’ …
Liebe/r L, ich denke, man kann beides sagen.
Liebe Grüße!